Quantencomputer gelten als eine der faszinierendsten Zukunftstechnologien der Gegenwart. Doch sie sind nicht nur eine Spielwiese für Physiker, sondern zunehmend auch ein Thema für Anleger. Wer sich jetzt fragt, ob und wann sich ein Einstieg an der Börse lohnt, sollte wissen: Die Branche ist im Umbruch. Neue Technologien, steigende Anwendungsreife und erste Börsengänge machen das Feld spannend – aber auch komplex.
Wo stehen wir jetzt?
Die Quantenphysik wird bald 100 Jahre alt – und doch steht die praktische Nutzung ihrer Prinzipien erst am Anfang. Zwar haben Tech-Giganten wie IBM, Google oder Microsoft in supraleitende Qubits investiert, doch die Systeme sind teuer, aufwändig zu kühlen und schwer zu skalieren. Erste Fortschritte gab es, doch für breite Anwendungen sind diese Ansätze bislang nicht wirtschaftlich. Gleichzeitig entstehen neue Wege. In Sydney gelang es einem Forschungsteam, das Verhalten komplexer Moleküle mit nur einem einzigen Ion zu simulieren – eine radikale Vereinfachung. In Deutschland entwickelt das Start-up PlanQC Quantencomputer auf Basis von Neutralatomen, die bei Raumtemperatur arbeiten. „Wir nutzen Strontiumatome, deren Elektronenspin als Qubit dient. Diese Technologie ist skalierbar und benötigt keine extreme Kühlung“, sagen die PlanQC-Experten.
Wer sind die potenziellen Abnehmer?
Nicht jede Branche profitiert gleichermaßen von Quantencomputern. Die größten Potenziale liegen aktuell in: – Pharmaindustrie (Wirkstoffdesign, Protein-Faltung) – Materialwissenschaften (z. B. neue Solarzellen) – Finanzwesen (Risikoanalyse, Portfoliostrukturierung) – Klimaforschung (komplexe Simulationen) – IT-Sicherheit (quantensichere Kommunikation) Gerade Letzteres ist schon heute real: „Kommunikation, die heute aufgezeichnet wird, könnte in Zukunft von Quantencomputern entschlüsselt werden. Deshalb arbeiten wir an Systemen wie QKD, die physikalisch abhörsicher sind“, erklären Mitarbeiter vom Max-Planck-Institut Erlangen.
Gibt es nur einen technischen Ansatz?
Nein. Tatsächlich existieren mehrere konkurrierende Technologien, die sich in Reifegrad, Skalierbarkeit und Kosten stark unterscheiden:
Technologie | Zweck | Kosten | Reifegrad |
Supraleitende Qubits | Rechenleistung | Sehr hoch | Fortgeschritten (aber teuer) |
Neutralatom-Qubits (PlanQC) | Rechenleistung | Moderat | In Entwicklung |
Ein-Teilchen-Simulation | Rechenleistung (experimentell) | Niedrig (theoretisch) | Grundlagenforschung |
QKD-Systeme | Datensicherheit (Verschlüsselung) | Variabel (projektspezifisch) | Marktreif |
Wie teuer ist die Technologie heute?
Die Kostenfrage ist einer der größten Bremsfaktoren. Während supraleitende Qubits Milliarden verschlingen und extreme Infrastruktur erfordern, setzen Start-ups wie PlanQC auf günstigere, wartungsarme Alternativen. Noch radikaler: die Ein-Teilchen-Simulation, die mit minimaler Hardware auskommt – aber noch nicht kommerziell ist. Im Bereich der quantensicheren Kommunikation (QKD) gibt es bereits marktfähige Produkte, deren Kosten sich nach Infrastruktur und Strecke richten.


Start-up oder Konzern? Wer fährt das Quantum-Zug?
Viele Anleger fragen sich: Lohnt es sich, auf ein kleines, wachsendes Start-up zu setzen – oder dominieren am Ende doch die großen Player? Tatsächlich sind beide Strategien denkbar:
Pure-Play-Start-ups (börsennotiert):
- IONQ – IonQ (Trapped-Ions)
- QBTS – D-Wave Quantum (Quantum Annealing)
- RGTI – Rigetti Computing (Supraleitende Qubits)
- QUBT – Quantum Computing Inc. (Photon-basierte Systeme)
- Große Konzerne mit Quantenstrategie:
- IBM – Supraleitende Qubits, IBMQ Cloud-Plattform
- Microsoft – Topologische Qubits, Azure Quantum Microsoft verfolgt primär den Ansatz sogenannter topologischer Qubits, die auf der Existenz sogenannter Majorana-Quasiteilchen beruhen sollen. Diese Qubit-Art verspricht theoretisch eine deutlich höhere Fehlertoleranz. Im Gegensatz zu IBM oder Google betreibt Microsoft derzeit keine eigene produktive Hardware, sondern bietet über Azure Quantum den Zugang zu Quantenhardware anderer Anbieter wie IonQ, Quantinuum oder Rigetti an. Die Forschung an topologischen Qubits ist noch nicht abgeschlossen, erste experimentelle Hinweise auf Majorana-Zustände wurden 2023 veröffentlicht, jedoch steht ein praktischer Nachweis eines funktionsfähigen topologischen Qubits noch aus.
- Google (Alphabet) – Supraleitende Chips wie „Willow“
Geschäftsmodelle: Quantenleistung gibt’s nicht nur als Kiste
Während manche Anbieter echte Quantencomputer bauen, setzen andere auf Cloud-Plattformen oder Softwarelösungen:
- Hardware-as-a-Product: Physische Quantenprozessoren (z. B. Rigetti, IonQ)
- Quantum-as-a-Service (QaaS): Zugriff auf Quantenleistung über die Cloud (z. B. IBMQ, Azure Quantum)
- Lösungsanbieter & Toolkits: Spezialsoftware, z. B. für Logistik, Chemie oder KI (Zapata, QC Ware, Classiq)
Für Anleger bedeutet das: Der Begriff „Quantenanbieter“ umfasst ein breites Spektrum – von Infrastruktur bis Anwendungsebene. Wer investiert, sollte genau hinsehen, wo in der Wertschöpfungskette ein Unternehmen positioniert ist.
ETFs & Indizes: Gibt es einen „Quantum-Barometer“?
Ja. Es existieren spezialisierte Fonds und Indizes, die Quantenentwicklung abbilden:
– Defiance Quantum ETF (QTUM): Enthält Unternehmen aus Quantum & KI
– VanEck Quantum Computing UCITS ETF: Europas erster Quantum-ETF
Fazit: Ist jetzt der richtige Zeitpunkt?
Der Quantenmarkt steht vor einem Wendepunkt. Anwendungen werden konkreter, erste Geräte sind im Einsatz, und die Vielfalt der Ansätze nimmt zu. Wer heute investiert, geht in eine frühe Phase – mit Chancen, aber auch Risiken. Als Content Marketer im technischen Bereich und kein Finanzexperte gebe ich ausdrücklich keine Kaufempfehlungen. Wer den richtigen Moment nicht verpassen will, sollte das Feld jetzt aufmerksam beobachten. Ich selbst werde schrittweise einsteigen.
Wann kommt der Quantenboom? – Eine zeitliche Einschätzung
Phase | Zeitraum (geschätzt) | Was passiert? |
---|---|---|
Experimentierphase | 2019–2024 | Erste Cloud-Zugänge, Grundlagenforschung, Proof-of-Concepts (z. B. IBM, Google) |
Frühe industrielle Tests | 2025–2027 🟡 (Jetzt beginnend) | Erste reale Anwendungen bei Logistik, Chemie, Finanzen; Systeme mit ~100 Qubits |
Kommerzielle Anwendungen | ab 2028–2032 🔵 | Quantencomputer übertreffen klassische in konkreten Aufgaben („Quantum Advantage“) |
Massenmarktnutzung | nach 2035+ ⚫ | Breiter Einsatz, fehlerkorrigierte Systeme mit Tausenden Qubits |
Was könnte den „Boom“ auslösen?
- Fehlerkorrektur gelingt: Sobald Quantencomputer stabil & skalierbar sind.
- Quantenvorteil in Alltagsanwendungen: z. B. Wirkstoffsimulation oder Verkehrsoptimierung.
- Standardisierte Tools & Plattformen: Damit auch Nicht-Physiker sie nutzen können.
- Starke Anwendungs-Durchbrüche: Ein „ChatGPT-Moment“ für Quantum wäre z. B. ein Medikament, das nur durch Quantenberechnung möglich wurde.

Yevgeniy Kucherskyy
Content Marketer, Autor
Seit Jahren erkläre ich Technik und unterstütze Technologieunternehmen bei ihrer Kommunikation im Netz. Mein Ansatz, Technik und Wirtschaft zusammen zu betrachten, hat sich als sehr hilfreich erwiesen: Inhalte gewinnen dadurch an Qualität, Tiefe und Reichweite. Auch für Investoren – von privaten Börsenanlegern bis hin zu Firmen, die ihr Know-how durch Übernahmen erweitern möchten – kann diese Perspektive wertvoll sein. So eröffnen sich auch kleineren Wirtschaftsakteuren bessere Chancen, die richtigen Investoren zu erreichen.